Sich für seine Mitmenschen einzusetzen und füreinander da zu sein, ist leider nicht immer eine Selbstverständlichkeit. Umso wichtiger ist es, entsprechendes Verhalten wertzuschätzen, publik zu machen und diesem Thema mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Unter dem Motto „Zivilcourage erfordert kein Heldentum. Nur Menschlichkeit.“ verleiht die Bürgerstiftung daher erstmalig den Zivilcourage-Preis. „Mit diese Ehrung zeichnen wir Personen aus, die sich couragiert für andere Mitmenschen eingesetzt haben, auch wenn dabei vielleicht eigene Nachteile in Kauf genommen wurden. Die Gewinner erhalten ein Preisgeld von insgesamt 5.000 Euro zur Weitergabe an gemeinnützige Vereine in der Region“, informierte Vorstandsmitglied Ludger Suttmeyer über die Kernelemente des Wettbewerbs.
Der Startschuss für das neue Projekt fiel bei der Auftaktveranstaltung am 6. August 2019, bei der auch Schirmherr Joe Bausch (Arzt, Autor und Schauspieler; u.a. zu sehen im Tatort als Gerichtsmediziner) vor Ort war. Vorstandsmitglied Ralf Jorzik erläuterte an dieser Stelle, was genau Zivilcourage für die Stiftung bedeutet: „Es geht nicht darum, in jeder bedrohlichen Situation unüberlegt einzugreifen und sein Leben mit zu gefährden, sondern in alltäglichen Szenarien und Personenkonstellationen eine Notsituation zu erkennen. Das kann der Jugendliche sein, der von Gleichaltrigen im Bus lautstark beschimpft wird, oder die Nachbarin, bei der seit mehreren Tagen kein Licht mehr gebrannt hat.“
Seit dem gelungenen Auftakt im August trafen nach und nach die Vorschläge für mögliche Preisträger aus den Städten Castrop-Rauxel, Datteln, Lünen, Oer-Erkenschwick und Waltrop ein.
Im Oktober hat die 7-köpfige Jury (Miguel de Freitas, Peter Hof zum Berge, Ralf Jorzik, Christian Lamprecht, Dennis Stolzenhoff, Nadine Sträterhoff und André Thyret) drei Personen ausgewählt, die bei der gestrigen Prämierungsveranstaltung in der Vestischen Kinder- und Jugendklinik für ihr couragiertes Verhalten geehrt wurden.Neben den Preisgeldern, die durch die Prämierten direkt vor Ort an die gemeinnützigen Einrichtungen ihrer Wahl weitergegeben wurden, durften sich die drei Gewinner auch über einen persönlichen Preis freuen: Jeder von ihnen erhielt einen Glaspokal, gesponsert durch die Waltroper Firma Gründken & de Freitas Immobilien GmbH, sowie einen Cateringgutschein, gesponsert von der Firma Stolzenhoff in Lünen.
Die Auszeichnung der Preisträger übernahm Schirmherr Joe Bausch persönlich.
Den 3. Preis erhielt Kirsten Beughold. Über mehrere Monate hinweg half sie einer Mutter, die an Krebs erkrankt war, indem sie sich um das Mittagessen und die Hausaufgabenbetreuung der 10-jährigen Tochter kümmerte. Darüber hinaus ist sie schon lange bei der Wohnungsnotfachstelle der Caritas Waltrop aktiv und übt verschiedene Ehrenämter aus. Das Preisgeld in Höhe von 1.000 Euro übergab sie dem Förderverein der Gesamtschule Waltrop.
Auf den 2. Platz wurde der 16-jährige Louis Kruse gewählt, der während seiner Busfahrt zur Schule einen Mann in seinem Auto sah, der mit Atemnot und einem späteren Herzstillstand kämpfte. Durch seine Hartnäckigkeit brachte er den Busfahrer dazu anzuhalten und verließ den Bus, der ohne Zögern weiterfuhr. Zusammen mit einem weiteren Passanten kümmerte sich Louis um den Mann, bis der Krankenwagen eintraf. Durch seine Hilfe und die der anderen Ersthelfer konnte der Mann gerettet werden. Mit seinem Handeln bewies Louis, dass Zivilcourage kein Mindestalter hat und dass das Erkennen der Notsituation der erste und wichtigste Schritt ist. Die 1.000 Euro Preisgeld nutzt er zur Unterstützung des Schulvereins Bildung+ und der Schülervertretung am Theodor-Heuss-Gymnasium in Waltrop.
Kutlay Ates ging in der Nacht des 30. Aprils mit seiner französischen Bulldogge in der Castroper Altstadt spazieren. Dort bemerkte er zwei Frauen, die sich mit einem Mann stritten. Der Mann griff die Frauen an, sie wehrten sich und schrien laut. „Das war eindeutig und da gibt es nichts schönzureden“, so Ates über den Vorfall. Er schritt ein, fixierte den Mann und hinderte ihn somit an der Flucht. Diese mutige Tat wiederum führte zu einer Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung – aufgegeben durch den Angreifer selbst. Doch Kutlays Zivilcourage wurde belohnt und die Anzeige zu Recht fallengelassen. Trotz all der Umstände versicherte er, dass er jedes Mal wieder so handeln würde. Kutlay wurden verdientermaßen der 1. Preis und somit insgesamt 3.000 Euro zur Weitergabe an gemeinnützige Einrichtungen überreicht.
Mit jeweils 1.000 Euro unterstützt er:
- Das Kinderpalliativzentrum Datteln, das Kinder und Jugendliche mit lebenslimitierenden Krankheiten versorgt und ihre Familien umfassend unterstützt.
- Die Elterninitiative krebskranker Kinder an der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln. Diese bietet betroffenen Familien die Möglichkeit sich auszutauschen, stellt die psychosoziale Betreuung der Familien und Patienten sicher und sorgt zudem für eine kindgerechte Ausstattung der Station.
- Die Kinderschutzambulanz in Datteln, die Anlaufstelle für Eltern, Lehrer, Ärzte etc. ist, wenn der Verdacht auf Missbrauch bei Kindern und Jugendlichen aufkommt. Dabei steht die unmittelbare, kindgerechte und behutsame Hilfe für den vorgestellten Patienten an erster Stelle. Parallel dazu setzen die Hilfen für die Familie ein, um für jedes Kind und jede Familie eine individuell passende Lösung zu finden.
Joe Bausch sprach den Couragierten seinen vollsten Respekt aus: „Sie haben mit Ihrem Handeln Menschlichkeit gelebt und sich für andere Menschen in Not eingesetzt. Ich hoffe sehr, dass Sie damit auch den einen oder anderen darin bestärkt haben, in Zukunft ebenfalls hinzusehen und einzugreifen – natürlich ohne sich selbst in Gefahr zu begeben. Vielen Dank, dass Sie Ihre Geschichte mit uns geteilt haben.“
Alle Beteiligten sind sich einig, dass der Zivilcourage-Preis ein wichtiges Zeichen setzt für eine Welt, in der wieder mehr aufeinander Acht gegeben wird. „Unser Ziel ist es, den Zivilcourage-Preis genauso zu etablieren, wie es bei den anderen Projekten der Fall ist. Wir möchten auch weiterhin achtsames und couragiertes Verhalten gegenüber unseren Mitmenschen würdigen und belohnen“, so Vorstandsmitglied Thomas Stächelin. „Aus diesem Grund werden wir im nächsten Jahr erneut den Zivilcourage-Preis vergeben.“
Die Bewerbungsfrist für den Zivilcourage-Preis 2020 wird im August 2020 starten. Vorschläge können aber natürlich auch schon jetzt an die Bürgerstiftung per E-Mail (info@buergerstiftung-emscherlippe-land.de) übermittelt werden.