Bürgerstiftungen in wichtiger Rolle
Als 1996/1997 in Deutschland die ersten Bürgerstiftungen gegründet wurden, war die weitere Entwicklung dieser neuen Form des bürgerschaftlichen Engagements zu einer großen, bundesweit erfolgreichen Bewegung noch nicht abzusehen. Sehr schnell gelang es aber den meisten Bürgerstiftungen, ein stabiles finanzielles Fundament aufzubauen. Mit über 250 aktiven Bürgerstiftungen belegt Deutschland im internationalen Vergleich Platz 2 hinter den USA, dem Entstehungsland der Community Foundations. Der Trend zu Bürgerstiftungen ist trotz der Wirtschaftskrise ungebrochen geblieben: Allein in den vergangenen Jahren hat sich mehr als die Hälfte aller Bürgerstiftungen gegründet. Mit über 70 Bürgerstiftungen zählt Nordrhein-Westfalen hierbei zu den erfolgreichsten Bundesländern.
Für den Erfolg des Modells „Bürgerstiftung“ in Deutschland spricht neben ihrer großen Zahl und Wachstumsrate, dass es sich hierzulande als außerordentlich vielfältig erwiesen hat. Darüber hinaus zeigt sich, dass über die finanziellen Mittel hinaus vor allem der Wille der beteiligten Bürger entscheidend ist, sich mit Zeit, ehrenamtlicher Arbeit und innovativen Ideen einzusetzen, um die Lebenssituation möglichst vieler, vor allem bedürftiger Menschen in Gemeinden, Städten oder Bezirken zu verbessern.
Aus der Region für die Region
„Bürgerstiftungen werden – wie schon in den letzten Jahren – weiter wachsen und auch in der Emscher-Lippe-Region eine immer wichtigere Rolle spielen“, so Ludger Suttmeyer, Vorstandsmitglied der von der Volksbank eG, Waltrop initiierten Bürgerstiftung EmscherLippe-Land zu Beginn seines gestrigen Rückblicks auf das vergangene Jahr. Dank der sowohl ideellen als auch finanziellen Unterstützung vieler Privat- und auch Geschäftsleute konnten in den vergangenen viereinhalb Jahren seit Gründung verschiedenste gesellschaftliche Vorhaben in Bereichen wie Kinder-, Alten- und Behindertenhilfe oder Bildung und Erziehung auf den Weg gebracht oder positiv begleitet werden. Und so sieht Ludger Suttmeyer in der im Ostvest, in Lünen und Castrop-Rauxel wirkenden Bürgerstiftung eine hervorragende Chance für die weitere Entwicklung bürgerschaftlichen Engagements und damit für eine dauerhafte Sicherung der Zukunft dieser Region. „Im vergangenen Jahr konnte die Lebensqualität dank der Arbeit der Bürgerstiftung in vielen Bereichen deutlich verbessert werden“, zeigten sich Ludger Suttmeyer und sein Vorstandskollege Dr. Thomas Hölscher sehr zufrieden mit dem Erreichten im Geschäftsjahr 2009, das mit dem Volksbank-Jubiläumsjahr (125 Jahre) einherging.
Stiftungskapital weiter angewachsen
Durch zahlreiche Zustiftungen hat sich das Kapital der Bürgerstiftung zum Jahresende auf über 215.000 Euro und damit auf mehr als das Vierfache der Ursprungssumme aus dem Gründungsjahr 2005 erhöht. 99 Privatpersonen und 12 Unternehmen (im Vorjahr 3) zeichneten für diese erfreuliche Ausweitung der Erträge verantwortlich, mit denen zahlreiche gesellschaftliche Projekte unterstützt als auch soziale Miss-Stände in den Wirkungsbereichen Waltrop, Datteln, Oer-Erkenschwick, Castrop-Rauxel und Lünen behoben wurden. Unter Einbeziehung der Geldmittel der mittlerweile fünf Partnerstiftungen hat sich das Gesamt-Stiftungskapital auf stolze 385.000 Euro erhöht (ein Plus von 56.000 Euro).
Stiftungserfolge
Eine abermalige Ausweitung gegenüber dem Vorjahr erfuhren die Spendenvergaben der Bürgerstiftung in 2009: Insgesamt kamen 35.000 Euro (Vorjahr 25.000 Euro) an 32 (26) Einrichtungen zur Ausschüttung.
Allein 10.000 Euro hatte die Bürgerstiftung für die in der vergangenen Woche honorierte vierte Staffel des Schulwettbewerbs „Mit dem Einkommen auskommen – wirtschaftliche Zusammenhänge erkennen und verstehen“ ausgelobt. Zwölf weiterführende Schulen hatten sich mit bemerkenswertem Engagement mit der Thematik auseinandergesetzt. Die ersten fünf Plätze wurden mit insgesamt 7.500 Euro belohnt, der sechste Platz mit einem Förderpreis in Höhe von 700 Euro. Aufgrund der durchweg guten Beiträge auch der übrigen teilnehmenden Schulen wurden für die Platzierungen sieben bis zwölf ebenfalls jeweils 300 Euro vergeben. Der erste Preis wurde der Christoph-Stöver-Realschule in Oer-Erkenschwick zuerkannt, über den zweiten Preis freuen konnte sich die Willy-Brandt-Gesamtschule in Castrop-Rauxel, als Drittplatzierter nahm die Waltroper Gesamtschule einen ansehnlichen Geldpreis entgegen. „Als Ehrengast“, so Dr. Thomas Hölscher, „konnten wir den Borussia-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke begrüßen, welcher nicht nur der Preisverleihung beiwohnte, sondern sich sowohl vom Vorstand der Bürgerstiftung als auch von den Schülern der Siegerschulen interviewen ließ und mit jeder Menge Tipps und Informationen rund ums Leder, um den BVB oder auch zu Beruflichem aufwartete.“
Viel Erfolg auch bei der großer Tombola der Bürgerstiftung zum Jubiläums-Familienfest der Volksbank im Juni: ‚Gewinner sind wir alle‘, konnte Ludger Suttmeyer bei der anschließenden Spendenvergabe des Überschusses in Höhe von 5.000 Euro an drei Einrichtungen verkündigen, die sich gegen die Misshandlung und Vernachlässigung von Kindern einsetzen. Mit weiteren 10.000 Euro wurden im Frühjahr und im Herbst regionale Institutionen tatkräftig unterstützt, bei denen finanzielles „unter-die Arme-greifen“ in besonderem Maße geboten war, so zum Beispiel der Frauentreff Waltrop, das Förderschulinternat Schloss Horneburg in Datteln, zwei Schulen in Oer-Erkenschwick für die ‚Über-Mittags-Verpflegung‘, die DLRG Castrop-Rauxel und die Krebsberatungsstelle des Sozialdienstes Katholischer Frauen in Lünen.
Partnerstiftungen aktiv und attraktiv
Dank der ‚Carl Beermann Stiftung‘ konnten in 2009 über 21.700 Mittagessen an insgesamt sieben Waltroper Ganztagesschulen vergeben werden. Mit einer Gesamtspendensumme von rund 45.000 Euro hat das auf örtlicher Ebene von Carl Beermann, der Bürgerstiftung und der Stadt Waltrop angestoßene Projekt ‚Kein Kind ohne Mahlzeit‘ ein bisher höchst erfreuliches Echo in der Bevölkerung gefunden, die vielfach entweder direkt oder indirekt mit der Problemsituation finanzschwacher Familien konfrontiert ist und mit ‚viel Herz‘ zur Sicherstellung von Mittagessen beigetragen hat. „Um die Finanzierung auf Dauer sicher zu stellen, bedarf es jedoch auch weiterhin vieler kleiner oder auch größerer Spendengelder“, verweist Ludger Suttmeyer auf das eigens für diesen Zweck eingerichtete Spendenkonto 9.666.311 bei der Volksbank eG, Waltrop. Mittlerweile ist auch für die Waltroper Kindergärten ein „Spendenboot“ im Einsatz: Die Carl Beermann Stiftung möchte hier ebenfalls für die Versorgung hungriger Mägen mit einem warmen Mittagessen sorgen und hat fleißig um Spendengelder geworben, die Anfang März zur Verteilung kommen sollen.
Fördernd in der und für die Region gewirkt hat auch die ‚Dr. Otto und Ruth Brinkmann Stiftung‘, die seit 2007 unter dem Dach der Bürgerstiftung engagiert ist. Mit 4.000 Euro wurden das Therapiezentrum ‚Pflegeverein für behinderte Menschen‘ auf dem Feuler Hof, das Dattelner Kinderhaus und das Kinderheim St. Agnes in Oer-Erkenschwick beglückt.
Mit 1.000 Euro gefördert wurden die Dattelner Kanuten dank der ‚Horst Dieter Szewczyk Stiftung‘ im Januar 2009, um damit die Anschaffung eines neuen Renn-Vierers zu finanzieren.
Die in 2008 neu gegründete ‚Maria und Heinrich Milk Stiftung‘, die sich insbesondere der Förderung von hilfsbedürftigen Kindern und Jugendlichen der Region in punkto Bildung und Erziehung widmet, plant, die im Berichtsjahr erarbeiteten Mittel ganz gezielt in diesem Jahr einzusetzen. Darüber hinaus haben sich die Milks bei verschiedenen Maßnahmen der Bürgerstiftung in hohem Maße persönlich engagiert und tatkräftig ‚Hand angelegt‘.
Die ‚Unterstützung von Vorhaben und Maßnahmen, mit denen hauptsächlich behinderte, kranke und auf andere Weise hilfsbedürftige Menschen, insbesondere Kinder und Jugendliche gefördert werden‘, hat sich die in 2009 gegründete ‚Willi und Heti Schreckenberg Stiftung‘ als Aufgabe gestellt. Dieses soll einerseits in Datteln und Umgebung erfolgen, aber auch im Andenstaat Peru, in dem Heti Schreckenberg mit weiteren freiwilligen Helfern kostenlose medizinische Hilfestellung für Kinder aus armen Indiofamilien tatkräftig gewährleistet und im gleichen Jahr Spendengelder in Höhe von 5.000 Euro hierfür bereitgestellt hat.
Stifterversammlung: Informations- und Ideenpool
Als Informations- und Ideenplattform diente die dritte Stifterversammlung im vergangenen August, die sich sowohl aus Privatpersonen als auch Unternehmern zusammensetzt und in der ausführlich über die Aufgaben dieses Gremiums, die Entwicklung des Stiftungskapitals und die Fördermaßnahmen des vergangenen Stiftungs-Geschäftsjahres informiert wurde. Die sich anschließenden Diskussion diente der Erörterung zahlreiche Vorschläge und Anregungen für ein weiteres erfolgreiches Fundraising.
Hohe Auszeichnung Gütesiegel
Weiterer Höhepunkt im sicherlich nicht aktionsarmen Geschäftsjahr war die feierliche Ehrung und Übergabe des Gütesiegels durch den Regionalkurator des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, Michael Jacobi, am 2. November. „Mit diesem Gütesiegel, das wir weitere zwei Jahre tragen dürfen, wurde uns bescheinigt, dass wir zehn Qualitätsmerkmale für gute und finanziell überschaubare Arbeit erfüllt haben“, freute sich Ludger Suttmeyer über die abermals hohe Auszeichnung.
Aktivitäten und Spendenvergaben in 2010
„Auch in bereits begonnenen Jahr sind wir wieder ausgerichtet auf Bewährtes und auf Neues“, schauen Ludger Suttmeyer und Dr. Thomas Hölscher nach vorne. „Unsere Absicht ist es, erfolgversprechende Aufgabenstellungen tatkräftig zu ’schultern‘ mit dem Ziel, die Bürgerstiftung EmscherLippe-Land einerseits nachhaltig im Bewusstsein der Bevölkerung verankern, andererseits um weitere Unterstützung in jedweder Form, sei es durch finanzielle Förderung, aktive Mithilfe oder Ideengebung, zu werben und zudem nicht nachzulassen in unserem Bemühen, der Region und den in ihr lebenden Menschen bestmöglich und hilfegebend zur Seite zu stehen.“
Konkret ins Auge gefasst haben beide ‚Bürgerstiftler‘ hierbei zunächst die fünfte Ausschreibung des Schulwettbewerbs, der sich mit dem Umweltschutz befasst und an die weiterführenden Schulen gerichtet ist. Insgesamt stehen wieder 10.000 Euro für die erfolgreichsten Teilnehmer bereit. Der Startschuss mit Bekanntgabe der Teilnahmekriterien an die interessierten Schulen ist für den Monat Juni angedacht.
Ein „Dauerläufer“ soll die Aktion SAMMEL MIT! auch im Jahr 2010 bleiben. Mit dieser Umweltschutzmaßnahme bietet die Bürgerstiftung EmscherLippe-Land die Möglichkeit, leere Tintenpatronen und Tonerkartuschen am Müll und der Naturbelastung vorbei umweltgerecht wieder in den Kreislauf zurückzuführen. Hierzu hat sie in allen Niederlassungen der Volksbank Sammelstellen eingerichtet, um entsprechendes Leergut entgegenzunehmen. Der Erlös aus dem Verkauf fließt an die Bürgerstiftung zurück und ermöglicht ihr, auch auf diese Weise Nutzen zu stiften. Im Jahre 2009 konnte so immerhin ein Erlös von rund 300 Euro erzielt werden.
Bis zum 26. Februar nimmt die Volksbank eG, Waltrop zudem in allen Geschäftsstellen defekte oder auch noch funktionstüchtige Mobilfunkgeräte entgegen. Für jedes abgegebene Handy erhält die Bürgerstiftung von Vodafone 3 Euro – Geld, mit dem ebenfalls Notlagen vor Ort gelindert oder gar beseitigt werden können.
Darüber hinaus sind im zweiten und auch im vierten Quartal 2010 wieder größere Spendenvergaben durch die Bürgerstiftung geplant. Mindestens zwei Projekte je Region sollen mit Fördermitteln unterstützt werden. Angedacht sind hierfür insgesamt 10.000 Euro.
Schließlich steht, voraussichtlich im Monat August wieder die alljährliche Stifterversammlung an, in der Mitglieder dieses Gremiums unter anderem über die zur Verfügung stehenden Stiftungsmittel informiert und Anregungen zu deren Verwendung entgegengenommen werden.